Was ist Corporate Venturing (und warum es in der Praxis oft scheitert)

Was ist Corporate Venturing, und warum scheitern die meisten Programme? Lesen Sie, welche Modelle und Fallstricke es gibt und was leistungsstarke Startup-Partnerschaften auszeichnet.
Was ist Corporate Venturing (und warum es in der Praxis oft scheitert)Was ist Corporate Venturing (und warum es in der Praxis oft scheitert)
Eileen Becker
29.07.2025

Corporate Venturing bedeutet, dass etablierte Unternehmen Startups gründen, in sie investieren oder mit ihnen zusammenarbeiten, um neue Wachstumschancen zu erschließen und Marktveränderungen frühzeitig zu begegnen.

Kurzfassung:

  • Die meisten Corporate-Venturing-Programme scheitern nicht am Budget, sondern an internen Abstimmungsproblemen, langsamen Entscheidungen und unklaren Zuständigkeiten.
  • Der Unterschied zwischen stagnierenden und erfolgreichen Programmen? Transparenz, Geschwindigkeit und ein klares Ergebnis-Framework.
  • Innovationsteams brauchen mehr als Finanzierung – sie benötigen eine klar definierte, unternehmensweite Venturing-Strategie.

Warum ist Corporate Venturing wichtig?

Corporate Venturing ermöglicht es Unternehmen, schneller als über klassische F&E auf neue Technologien, Geschäftsmodelle und externe Talente zuzugreifen. Es hilft Innovationsverantwortlichen, auf Disruptionen zu reagieren, angrenzende Märkte zu erschließen und das Unternehmen zukunftssicher aufzustellen.

Denn bahnbrechende Neuerungen intern zu entwickeln dauert oft länger (und ist risikoreicher), als mit einem Startup zusammenzuarbeiten, das bereits daran arbeitet.

Vorteile für Innovationsverantwortliche:

  • Zugang zu neuen Technologien und Geschäftsmodellen – schneller als über interne F&E
  • Agilität von Startups nutzen, ohne das Kerngeschäft zu destabilisieren
  • Neue Umsatzquellen schaffen oder Märkte in Startup-Geschwindigkeit erschließen

Venturing ist heute keine Kür mehr, sondern eine strategische Notwendigkeit – insbesondere in Branchen mit kurzen Innovationszyklen und ständiger Disruption.

Doch um zu funktionieren, braucht es mehr als Investitionen: Es braucht Ausrichtung und gemeinsame KPIs zwischen Unternehmen und Startups.

(Mehr dazu finden Sie in unserem Leitfaden zur Zusammenarbeit zwischen Startups und Unternehmen.)

5 verbreitete Formen des Corporate Venturing:

Jedes Modell verfolgt unterschiedliche Ziele – von interner Innovationsförderung bis zur Erschließung neuer Märkte durch externe Kooperation.

1. Corporate Venture Capital (CVC)

Direkte Investitionen in Startups (meist über eigene Fonds), um Zugang zu neuen Technologien, Märkten oder Geschäftsmodellen zu erhalten.

2. Inkubatoren & Acceleratoren

Programme, die Frühphasen-Startups mit Finanzierung, Mentoring und Unternehmensressourcen unterstützen. Ideal, um vielversprechende Startups frühzeitig zu erkennen und mitzugestalten.

3. Strategische Partnerschaften

Zusammenarbeit ohne Kapitalbeteiligung, z. B. zur gemeinsamen Produktentwicklung, für Pilotprojekte oder Markttests – ohne Eigentumsfragen.

4. Innovation Challenges & Hackathons

Zeitlich begrenzte Initiativen, die externes Talent (Startups, Entwickler:innen, Studierende) einbinden, um konkrete Probleme zu lösen oder kreative Ideen zu generieren.

5. M&A und Acqui-Hires

Übernahmen oder teamorientierte Deals, um schnell neue Kompetenzen, Technologien oder Teams zu integrieren.

➞ Die Wahl des richtigen Ansatzes hängt vom Ziel ab: schnellere Marktreife, Aufbau interner Innovationsfähigkeit oder der Wunsch, disruptive Trends frühzeitig zu erkennen. Reife Venturing-Strategien kombinieren oft mehrere dieser Modelle.

Warum scheitern so viele Corporate-Venturing-Initiativen?

Die Wahrheit ist, dass die meisten Partnerschaften zwischen Unternehmen und Start-ups die Erwartungen nicht erfüllen, ganz gleich, ob es ein Budget und eine Beteiligung gibt. Und es ist selten die Schuld des Startups, denn die Probleme liegen nicht extern, sondern intern.

Das bedeutet, dass selbst bei den besten Absichten viele Unternehmensgründungen ins Stocken geraten, bevor sie wirklich etwas bewirken können.

Typische Stolpersteine:

1. Fehlende interne Strukturen

Ohne Prozesse für Onboarding und Zusammenarbeit verzetteln sich Initiativen in Rechtsprüfungen, Compliance oder Beschaffung.

2. Zielkonflikte

Startups sind schnell, Corporates langsam. Wenn Erfolgskriterien nicht früh abgestimmt werden, entstehen Spannungen.

3. Pilot-Purgatory (Pilot-Limbo)

Viele Startups stecken in ewigen Pilotprojekten fest, weil es keinen Weg zur Skalierung gibt – kein Buy-in, keine Zuständigkeiten, kein Plan.

4. Fehlende Feedback-Loops

Ohne schnelle Rückmeldung entsteht Frust. Unklare Verantwortlichkeiten führen zu Verzögerungen auf beiden Seiten.

Fazit: Ohne Struktur, Klarheit und unternehmensweite Unterstützung bringen selbst die besten Ideen keine Wirkung.

Was macht Corporate-Venturing-Programme erfolgreich?

Erfolgreiche Programme behandeln Startups nicht wie Lieferanten, sondern wie strategische Partner – von Anfang an.

So gelingt der Aufbau:

1. Interne Abstimmung vor externer Ansprache

  • Venturing-Ziel klären: Kompetenzaufbau? Markteintritt? M&A?

  • Stakeholder einbinden (Legal, Einkauf, Fachbereiche)

  • Schnellprozesse für Onboarding & Compliance schaffen

2. Innovationsfelder & Auswahlkriterien definieren

  • Klare Erwartungen formulieren (Zeitplan, KPIs, Kommunikation)

  • Fortschritte sichtbar nachverfolgen

  • Kriterien für „Go“ oder „No-Go“ von Anfang an festlegen

3. Skalierbare Tools nutzen

  • Venturing braucht Sichtbarkeit und Wiederholbarkeit

Plattformen wie innosabi Startup helfen Ihnen, Startup-Aktivitäten über eine einheitliche Plattform zu verfolgen und zu messen. Auf diese Weise können Sie Ihr internes und externes Netzwerk ausgewählter Startups leicht organisieren, überprüfen und nachverfolgen.

Das bedeutet: keine verstreuten Tabellen, keine Ad-hoc-Updates und kein als Fortschritt getarntes Innovationstheater mehr.

Wie man ein erfolgreiches Corporate Venturing Programm aufbaut

Wie bereits in diesem Artikel erwähnt, starten viele Programme mit einem starken Fokus auf das Scouting von Startups und das Aufsetzen erster Pilotprojekte – verlieren aber schnell an Schwung, weil es an soliden internen Grundlagen fehlt.

Was verstreute Einzelmaßnahmen von nachhaltigem Impact unterscheidet, ist vor allem eines: Orchestrierung.

Anders gesagt: Erfolgreiche Venturing-Programme setzen nicht auf ad-hoc-Erfolge. Sie bauen ein skalierbares System auf.

So sieht das in der Praxis aus:

  1. Strategische Zielsetzung klären: Geht es um den Aufbau neuer Fähigkeiten? Um den Zugang zu angrenzenden Märkten? Oder um das Wachstum des Kerngeschäfts? Seien Sie konkret – denn davon hängen Modell, Metriken und Partnerwahl ab.
  2. Venturing von Anfang an im Unternehmen verankern: Beziehen Sie Rechtsabteilung, IT und zentrale Geschäftsbereiche frühzeitig mit ein. Denken Sie daran: Es geht nicht nur darum, Innovation zu managen, sondern sie operativ im Unternehmen zu integrieren.
  3. Auf Geschwindigkeit statt Bürokratie setzen: Schaffen Sie Fast-Track-Prozesse für Onboarding, Einkauf und Compliance. Engpässe bremsen – insbesondere dann, wenn Startups schneller agieren als Ihre internen Abläufe es zulassen.
  4. Klare Spielregeln festlegen: Startups müssen wissen, was sie erwartet: Zeitpläne, Kommunikationsstandards, Bewertungskriterien. Das sorgt nicht nur auf deren Seite für Transparenz – sondern hilft auch, Ihre internen Teams auf Kurs zu halten.
  5. Das messen, was wirklich zählt: Bewerten Sie den Erfolg nicht nur anhand der Aktivität, sondern an echten Ergebnissen: neue Umsatzquellen, Prozessverbesserungen, schnellere Markteinführungen. Nur so gewinnen Sie die Unterstützung der Geschäftsführung – und sichern sich Ihr Budget langfristig.

Sie brauchen Hilfe bei der Auswahl der richtigen KPIs für Ihr Innovationsprogramm?

In unserem Guide finden Sie die wichtigsten Kennzahlen – und wie Sie sie effektiv nutzen, um Fortschritte zu messen, Stakeholder zu überzeugen und fundierte Entscheidungen zu treffen. Jetzt unseren KPI-Guide entdecken.

Wie sieht ein leistungsstarkes Venturing-Programm aus?

Merkmale erfolgreicher Programme:

  • Dediziertes Startup-Team mit Entscheidungskompetenz

  • Klare Onboarding-Prozesse mit flexiblen juristischen Rahmen

  • Regelmäßige Abstimmungen mit relevanten Stakeholdern

  • Gemeinsame KPIs mit echtem Business-Impact

  • Kultur, die auch Scheitern zulässt (nicht jede Partnerschaft funktioniert)

Weitere Tipps zur Etablierung einer starken Innovationskultur.

Beispiele aus der Praxis

Zwei Erfolgsbeispiele für Corporate Venturing:

  • BMW Startup Garage arbeitet mit Mobilitäts-Startups zusammen und integriert deren Lösungen direkt in die Lieferkette.

  • Google Ventures (GV) investiert in wachstumsstarke Startups in Technologie und Gesundheit und bringt das Wissen zurück ins Alphabet-Ökosystem.

Beide Programme zeigen: Mit interner Ausrichtung, schnellen Prozessen und Executive Buy-in gelingt nachhaltiger Erfolg.

FAQs zu Corporate Venturing

Was ist der Unterschied zwischen Corporate Venturing und Open Innovation?

Open Innovation umfasst die Zusammenarbeit über Unternehmensgrenzen hinweg – z. B. mit Unis, Kund:innen oder Startups.

Corporate Venturing konzentriert sich gezielt auf Startups und umfasst Beteiligungen, Inkubatoren oder Pilotprojekte.

Ist Corporate Venturing immer mit Kapitalbeteiligung verbunden?

Nein. Viele Kooperationen erfolgen ohne Beteiligung – über Pilotprojekte, Challenges oder Partnerschaften.

Wie lange sollte ein Pilot dauern?

Optimal sind 8–12 Wochen mit klaren Bewertungskriterien. Längere Zeiträume gefährden Dynamik und Interesse.

Woran erkennt man, dass eine Startup-Kooperation scheitert?

  • Schlechte Kommunikation oder langsame Reaktionen

  • Fehlender Buy-in auf Führungsebene

  • Unklare Ziele oder Zeitpläne

Wichtig für Innovationsverantwortliche

Corporate Venturing funktioniert dann, wenn Unternehmen Strukturen schaffen, die Geschwindigkeit, Vertrauen und langfristige Zusammenarbeit ermöglichen. Erfolgreiche Leader verankern Startup-Partnerschaften im Unternehmen – nicht nur daneben.

Sie schaffen Klarheit, reduzieren Reibung und machen Innovation wiederholbar.

Eileen Becker
Jul 29, 2025